Bekomme einen Einblick in die persönlichen Werkzeuge von Kai
Der nächste Gast in der Sportrunde: Kai Schäfer – Badmintonnationalspieler Einzel und Olympia-Teilnehmer in Tokio 2021
Alter: 28
Sportart: Badminton
Wichtiger Hinweis: Die Teilnahme des Gasts an der Sport-Runde lässt keine Rückschlüsse darüber zu, ob eine sportpsychologische Zusammenarbeit mit Sebastian Altfeld besteht. Es ist lediglich ein Zeichen dafür, dass der*die Sportler*in/Trainer*in die dankenswerte Bereitschaft zeigt, die eigenen Ansichten und Ansätze zu teilen.
Thema Wettkampfvorbereitung:
Sebastian: „Wie bereitest du dich am Tag vor dem Wettkampf vor? Was machst du für dich und warum?“
Kai: „Vor einem wichtigen Wettkampf steht am Tag davor noch ein kurzes badmintonspezifisches Training an. Oftmals bekommen wir dabei die Möglichkeit, sich mit den Gegebenheiten in der Wettkampfhalle vertraut zu machen. Das kann extrem hilfreich sein, da eventuell Wind durch Klimaanlagen oder eingeschränkte Sicht einen wichtigen Einfluss auf das Spiel haben. Dazu kommt eine ausführliche Vorbesprechung des Wettkampfs mit meinem Coach. Dabei studieren wir Stärken und Schwächen meines Gegners per Videoanalyse. Abends vor dem Schlafen gehen, visualisiere ich zudem meinen „optimalen Wettkampf“ mit Hilfe eines extra für mich persönlich erstellten Audiotapes. Als Sportler versuche ich mich dabei vor allem noch mal auf meine Stärken zu konzentrieren, denn unabhängig vom Gegner ist mir die Art und Weise wichtig, wie ich jedes Spiel angehe.“
Sebastian: „Vielen Dank für diese Einblicke. Das ist für viele sicherlich hilfreich zu sehen, wie intensiv du dich auf das Spiel vorbereitest. Gibt es sonst etwas, wie du den Abend gestaltest und worauf du achtest? Manche Sportler schauen zum Beispiel noch einen Film. Gibt es da auch etwas auf deiner Seite?“
Kai: „Da wir meistens als Team mit mehreren Spieler*innen auf Turnieren verreisen, ist es auch üblich, dass wir abends gemeinsam essen gehen. Ich denke, im deutschen Badminton herrscht ein guter Teamgeist, deswegen sind diese Abende auch meistens sehr unterhaltsam. Aber in der Tat schaue ich dann nach dem Essen auf dem Hotelzimmer meistens noch eine Serie oder einen Film am Abend, um noch etwas abschalten zu können.“
Sebastian: „Wie bereitest du dich am Tag des Wettkampfs auf den Start vor? Was machst du für dich und warum?“
Kai: „Am Wettkampftag versuche ich mindestens drei Stunden vor meinem ersten Match aufzustehen und ziehe meine ganz normale Morgen-Routine durch, das heißt kurz meditieren und gegebenenfalls ein paar Atemübungen. Dann steht ein gutes Frühstück auf dem Programm. Je nach Zeitplan absolviere ich vor der Abfahrt in die Halle eine lockere Mobility-Einheit. Das gibt mir einfach ein gutes Körpergefühl. Ansonsten packe ich meine Tasche und achte dabei vor allem auf genug Verpflegung für während und direkt nach dem Spiel.“
Sebastian: „Was machst du die letzten Minuten, um dich auf den Wettkampf vorzubereiten? Was genau machst du bewusst oder unbewusst, um dich so richtig auf den Wettkampf einzustellen?“
Kai: „Ich schaue mir gerne von der Tribüne noch ein paar laufende Spiele an, um einen Eindruck von der Atmosphäre und der Energie in der Halle zu gewinnen. Vor dem Warm-up suche ich mir nochmal einen ruhigen Ort und konzentriere mich ein paar Minuten auf meine Atmung. Dann fange ich an, mich warm zu machen und versuche dabei gezielt meine Bewegungen zu aktivieren, die ich später brauche und mir ein gutes Körpergefühl geben. Dazu gehören vor allem Schnelligkeitsübungen.“
Sebastian: „Das ist hochspannend. Und gibt es dann noch etwas Besonderes nach dem Warm-up, bevor du dann auf das Feld gehst und das Spiel startet?“
Kai: „Ich ziehe mein Warm-up-Shirt aus und wechsle zu meinem Wettkampf-Shirt. Dann nehme ich immer einen Schläger, mit dem ich ins Spiel starten will, aus der Tasche in die rechte Hand und binde meine Schuhe bevor wir auf den Court einlaufen. Der ganze Prozess läuft vor jedem Spiel gleich ab.“
Thema Motivation:
Sebastian: „Was machst du, wenn du im Training mal keine Motivation mehr hast?“
Kai: „Das kommt ganz selten vor, aber wenn, dann gibt es da für mich zwei Optionen. Erstens: Aufhören oder etwas Alternatives trainieren, wo ich weiß, dass ich dabei wieder Freude am Training bekomme. Dazu gehören Koordinations- oder Geschicklichkeitsübungen. Wenn ich keine Motivation mehr im Training habe, dann bin ich schon nicht mit dem richtigen Fokus und der angemessenen Energie in die Trainingseinheit gegangen. Zweitens: Noch gezielter den nächsten Ballwechsel angehen und sich darauf konzentrieren. Dadurch kann ich oft schnell wieder positive Energie herstellen.“
Sebastian: „Wie gehst du da mit dir um, wenn du im Training mal keine Motivation mehr hast?“
Kai: „Meistens sehr selbstkritisch. Zuerst kommt meist automatisch der Gedanke, warum ich keine Motivation mehr habe und was ich vielleicht in der Vorbereitung auf das Training hätte anders machen können. Ich habe aber mittlerweile für mich gelernt, dass ich in solchen Situationen nicht zu viel über das Warum und Wieso nachdenken muss, sondern es mehr darum geht, auch in solchen Situationen im Hier und Jetzt zu bleiben und meine Aufmerksamkeit darauf zu richten. Zusammen mit einem Persönlichkeitstrainer habe ich seit neustem auch gewisse kurze Bewegungsroutinen für mich ausgearbeitet, die mir helfen sollen, in solchen Momenten loszulassen.“
Thema Persönlich:
Sebastian: „Was würdest du deinem 14-jährigen Ich für einen Tipp geben, den du damals hättest gebrauchen können?“
Kai: „Wahrscheinlich würde ich ihm raten, etwas lockerer mit allem umzugehen. Ich denke, ich war schon immer sehr fleißig, aber manchmal wollte ich gewisse Dinge erzwingen. Außerdem würde ich mir sagen, dass ich vor allem Herausforderungen suchen soll, die mich in vermeintlich unangenehme Situationen bringen. Nur so kann sich Selbstvertrauen und Mut entwickeln.“
Sebastian: „Wann war der Punkt als du dich für den Leistungssport bzw. für eine professionell Karriere entschieden hast?“
Kai: „Ich glaube, dass war mit 14, als ich mich entschlossen habe auf das Sportinternat in Frankfurt zu wechseln, um neben der Schule noch mehr trainieren zu können. Aber gefühlt, war ich schon seitdem ich denken kann ein Leistungssportler. Ich habe nie etwas lieber gemacht und schon mit jungen Jahren mehrere Sportarten betrieben, teilweise gleichzeitig an einem Tag.“
Sebastian: „Und was war das Argument für dich, an das Internat zu wechseln?“
Kai: „Der Hauptgrund war sicherlich, dass ich durch den Wechsel noch mehr badmintonspezifische Einheiten in der Woche trainieren konnte. Das heißt, es war auch möglich beispielsweise drei Mal die Woche vor dem Unterricht zu trainieren. So konnte ich insgesamt mein Trainingspensum von 3-4 Badminton-Einheiten auf acht Mal pro Woche erhöhen. Außerdem wurden meine Eltern und vor allem meine Mutter dadurch sehr entlastet, da sie mich für einen langen Zeitraum fast jeden Tag nach Frankfurt ins Training fahren mussten. Durch den Schulwechsel besuchte ich dann die Eliteschule des Sports in Frankfurt, die auch mit den vielen Fehlzeiten in der Schule im Vergleich zu meiner vorherigen Schule kulanter umgegangen ist. Für mich ist mit dem Wechsel damals auf jeden Fall ein Traum in Erfüllung gegangen.“
Sebastian: „Was machst du morgens, um gut in einen Tag zu starten?“
Kai: „Wie schon erwähnt, stehe ich meistens sehr früh auf, um genug Zeit zu haben. Entweder meditiere ich oder mache Atemübungen, wie beispielsweise die Wim-Hof-Methode. Dann nehme ich mir sehr viel Zeit zum Frühstücken und dann haben wir spätestens um 9 Uhr morgens die erste Trainingseinheit. Da versuche ich eigentlich immer mindestens 20 Minuten vor offiziellem Trainingsstart in der Halle zu sein, um meine eigene Warm-up-Routine machen zu können.“
Sebastian: „Danke für den Einblick. Die Wim-Hof-Methode kenne ich und mache ich auch sehr gerne. Welcher Spruch, Buch oder Mensch hat dich am meisten beeinflusst auf deinem Weg?“
Kai: „Es gibt so viele gute Bücher. Erst kürzlich habe ich mit „Im Grunde gut“ ein tolles Buch gelesen. Am faszinierendsten in den letzten Jahren fand ich wahrscheinlich das Buch „Breath“ von James Nestor. Wenn ich mich für einen Spruch entscheiden müsste, wäre es wahrscheinlich: „Du kannst das Spiel des Lebens nicht gewinnen – du kannst es nur spielen!“ von Dieter Lange. Und bezogen auf bestimmte Menschen sind als aller erstes meine Eltern zu nennen, die mich sehr geprägt haben, obwohl ich schon im Alter von 15 Jahren zuhause ausgezogen bin. Aber ich bin mir sicher, jede Begegnung mit ganz unterschiedlichen Menschen kann inspirieren.“
Sebastian: „Danke für die Liste. Ich finde „Im Grunde gut“ auch großartig. „Breath“ habe ich noch nicht gelesen. Packe ich aber mal auf meine Liste 🙂 . Darf ich bei deinen Eltern etwas mehr fragen, da auch viele Sportler-Eltern diese Interviews lesen. Darf ich fragen, wodurch deine Eltern dich geprägt haben? Und welches Verhalten war hilfreich für dich und deine Entwicklung aus deiner Sicht?“
Kai: „Ich könnte die Liste auch noch ewig weiterführen :-). Grundsätzlich komme ich aus einer sehr sportbegeisterten Familie. Sobald irgendeine Sportveranstaltung im Fernsehen lief, war der Fernseher an. Das habe ich dann als schlaues Kind natürlich gerne ausgenutzt, wenn es darum ging, abends länger aufbleiben zu dürfen. Mein Vater ist mit mir auch regelmäßig zu Fußball- oder Handball-Spielen gefahren. Es war auch wichtig, dass meine Schwestern und ich beispielsweise Schwimmen lernen und dazu im Verein Sport treiben. Dabei haben meine Eltern aber nie den Eindruck vermittelt, wir würden unter besonderem Leistungsdruck stehen. Eine generelle Erwartung meines Vaters war auf alle Fälle, dass wir im Sport alles geben sollten. Dazu gehörte auch beispielsweise ein professionelles Warm-up. Er hat es auch nicht gerne gesehen, wenn ich den Kopf bei einem Rückstand hängen ließ. Dann habe ich schon manchmal einen bösen Blick von der Tribüne kassiert und wurde auf der Heimfahrt von einem Turnier darauf aufmerksam gemacht. Ich glaube diesen Wert, das Beste aus sich selbst herauszuholen, habe ich bis heute dadurch total verinnerlicht. Wenn dann der Gegner besser ist, muss man das akzeptieren. Und ich kenne keinen Menschen, der mich in jeglichen Situationen so stark reden kann wie mein Vater. Meiner Mutter hat mehr Wert daraufgelegt, dass ich Freude an dem habe, was ich tue. Ich glaube, Freude und den Anspruch an sich selbst zu haben, das Bestmögliche zu geben, ist eine sehr gute Kombination. Außerdem bin ich extrem dankbar, dass meine Eltern einer Leistungssport-Karriere jederzeit positiv gegenüberstanden. Sie haben immer nur die Vorteile für meine persönliche Entwicklung gesehen und mich nie versucht zu beeinflussen, irgendetwas anderes zu machen.“
Sebastian: „Was machst du in deiner Freizeit, wenn du kein Training/ Wettkampf hast? Warum machst du das? War das schon immer so?“
Kai: „Wahrscheinlich schaue ich irgendeine andere Sportart im TV oder verbringe Zeit mit meiner Freundin. Manchmal spiele ich noch etwas Klavier oder lese ein Buch. An einem freien Tag versuche ich außerdem Zeit an der frischen Luft zu verbringen. Das kommt bedingt durch unsere Sportart unter der Woche oft zu kurz.“
Thema Misserfolg:
Sebastian: „Wodurch verlierst du den Fokus im Wettkampf oder Training? Fehlversuch, Schiedsrichterentscheidung…?“
Kai: „Ich würde sagen, am Wichtigsten ist mir, dass mein Coach eine gewisse Aufmerksamkeit und Energie zeigt. Wenn das nicht passiert, neige ich dazu, mich eher damit zu beschäftigen, anstatt die Aufmerksamkeit auf das Spiel zu legen.“
Sebastian: „Wie findest du nach einem Fehler oder Misserfolg wieder den Fokus?“
Kai: „Ich habe verschiedene Routinen in einem Spiel, die mir helfen, den nächsten Ballwechsel wieder mit voller Energie angehen zu können. Das ist aber unabhängig davon, ob davor ein Punktgewinn oder Punktverlust war. Im Wettkampf muss man sich auch davon lösen können, nur zu glänzen und seine Bestleistung abzuliefern. Natürlich strebt jeder nach dem perfekten Spiel, aber 99,9 % meiner Wettkämpfe ist es meine Aufgabe, meinen Wettkampf mit einer nicht perfekten Leistung zu gewinnen.“
Sebastian: „Vielen Dank für den Hinweis mit dem perfekten Spielen. Das ist ein so wertvoller Tipp. Dürfte ich vielleicht fragen, wie deine Routine so aussieht, um dich auf den nächsten Punkt vorzubereiten?“
Kai: „Ich nehme mir gerne zwischen den Ballwechseln genug Zeit. Da Schiedsrichter im Badminton mittlerweile dazu angehalten sind die Pausen etwas schneller zu steuern, muss man da mit einigen kleinen Tricks arbeiten. Deswegen wandere ich zwischen den Ballwechsel gerne eine Runde über das Feld und gegebenenfalls habe ich dabei kurz Kontakt zu meinem Coach, der hinter dem Curt sitzt. Ansonsten habe ich drei Bewegungen, die ich vor dem nächsten Ballwechsel mache. Was genau ich davon mache, entscheide ich aber aus dem Bauch heraus. Erstens: Ich klopfe mir zwei-, dreimal mit der Hand auf mein Herz. Zweitens: Ich mache ganz kleine Sprünge zur Aktivierung, wenn ich beispielsweise mich im Ballwechsel davor nicht schnell/ gut genug bewegt habe. Drittens: Ich reibe mit meinem Zeigefinger den Bereich zwischen meinem Mund und meiner Nase für ein paar Sekunden, um mein vegetatives Nervensystem zu aktiveren. Diese Methode klingt vielleicht etwas kurios, aber ich habe sie mir von ein paar Skispringern abgeschaut, die das Gleiche vor ihren Sprüngen machen.“
Sebastian: „Gibt es Unterschiede zwischen Training und Wettkampf?“
Kai: „Man versucht natürlich im Training Wettkampfsituationen so gut es geht nachzubilden. Aber unser Gehirn lässt sich nicht immer so leicht austricksen und deswegen fällt das manchmal schwer. Deshalb beobachte ich schon einen Unterschied in der Anspannung während eines Trainings oder während eines Wettkampfs. Aber genau deshalb habe ich mit meinem Mental-Coach auch „Ergebnisziele“ fürs Training erarbeitet, um mich in dem Bereich weiter zu verbessern. Das heißt, ich habe mir seit einigen Wochen eine gewisse Siegquote gegen jeden meiner Trainingskollegen vorgenommen und führe darüber auch Statistik. Dadurch merke ich, dass der Wettkampfcharakter im Training bei mir persönlich gestiegen ist.“
Sebastian: „Hat sich diese Bedeutung sich verändert?“
Kai: „Eigentlich nicht. Es ist mir immer noch genauso wichtig im Training und Wettkampf fehlerlos zu spielen. Mit einer gewissen Erfahrung kommt etwas mehr Gelassenheit, aber der Anspruch an mich selbst in einem Training oder einem Wettkampf ist noch genauso hoch, wenn nicht sogar gestiegen.“
Thema nach dem Wettkampf:
Sebastian: „Was machst du direkt nach dem Wettkampf? Wie bereitest du einen Wettkampf nach?“
Kai: „Direkt nach dem Wettkampf steht direkt nach dem Spiel eine kurze Analyse mit meinem Coach an. Hier besprechen wir kurz das Spiel und die Themen, die wir daraus mitnehmen können. Dann versuche ich relativ schnell etwas zu essen. Meistens schaue ich mir abends noch mal das Match oder Teile davon als Video an. Ich mache das gerne so nah nach dem Wettkampf.“
Sebastian: „Wie lange denkst du noch an einen Wettkampf, nachdem er abgeschlossen ist?“
Kai: „Das kommt natürlich darauf an, was für einen Stellenwert der Wettkampf hat. Generell ist es in unserer Sportart so, dass wir über das ganze Jahr so viele verschiedene Wettkämpfe haben, dass eigentlich wie bei Sepp Herberger das Motto gilt: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.“ Deswegen ist meistens gar nicht die Zeit da, sich zu lange mit einem Spiel/ Wettkampf zu beschäftigen.“
Sebastian: „Wie gehst du mit einer Niederlage/ schlechten Wettkampf um? Gibt es etwas Systematisches?“
Kai: „Es gibt Athleten, die teilweise am selben Tag oder nächsten Tag hochmotiviert trainieren. Ich brauche nach bedeutsamen Niederlagen meistens einen Tag oder ein paar Tage Ruhe und etwas Abstand und dann entwickelt sich in mir eine große Motivation, wieder intensiv zu trainieren und mich in einen besseren Zustand zu bringen als zuvor.“
Sebastian: „Wie gehst du mit einem Sieg/ guten Wettkampf um? Gibt es hier etwas Systematisches?“
Kai: „Hier habe ich eigentlich keine Systematik. Wenn, dann liegt meine Aufmerksamkeit darauf, auf meinen Energiehaushalt zu achten, denn früher ist es mir öfter passiert, dass ich nach einem bedeutsamen Sieg etwas überdreht habe und sich das nach einiger Zeit dann bemerkbar gemacht hat.“
Thema Trainer*in:
Sebastian: „Was macht für dich eine*n gute*n Jugendtrainer*in aus?“
Kai: „Ein guter Coach im Jugendbereich sollte den Jugendlichen vor allem die Freude am Sport vermitteln, aber auch vorleben, wie attraktiv es sein kann, fleißig und intensiv zu trainieren. Ich glaube, diese Begeisterung können nicht viele Coaches wecken. Der Aufbau einer Trainingskultur, in der möglichst jede*r Freude und Motivation verspürt, ist für mich elementar. Außerdem sollte meiner Erfahrung nach vor allem die Persönlichkeitsentwicklung der Sportler*innen im Vordergrund stehen. Dazu kommt dann natürlich auch das nötige Fachwissen in der jeweiligen Sportart.“
Sebastian: „Vielen Dank für das beschriebene Bild eines*r Trainer*in. Und was ist deiner Meinung nach sinnvoll, um die Trainingskultur zu gestalten? Wie sollte das Training und der Umgang dafür aussehen?“
Kai: „Eine gute Trainingskultur bedeutet für mich, dass sich alle ihrer Rolle in der Trainingsgruppe bewusst sind und auch jede*r Spieler*in eine Perspektive für sich selbst sieht. Das ist vor allem die Aufgabe eines Coaches, das ehrlich und offen zu kommunizieren. Außerdem sollte ein gemeinsames ambitioniertes und übergeordnetes Ziel, wie zum Beispiel eine WM- oder EM-Medaille mit der Mannschaft, existieren. Dann würde ich als Coach noch ein Umfeld schaffen, wo sich meine Spieler*innen automatisch selbst mit dem Training auseinandersetzen. Das heißt auch individuelle Freiräume in den Trainingsplänen zu geben. Dazu würde ich extremen Wert darauflegen, dass sich die Spieler*innen gegenseitig in Übungen und nach Trainingsspielen coachen. Als Coach kann ich nicht gleichzeitig mehreren Feldern hundertprozentige Aufmerksamkeit schenken. Gleichzeitig fördert gegenseitiges Feedback in meinen Augen die Trainingsqualität extrem.“
Sebastian: „Wie stellt ein* Trainer*in zu dir eine zielführende Beziehung her?“
Kai: „Ich glaube ein Coach sollte mir erst mal vermitteln, wie wichtig ihm das Coachen ist. Außerdem bin ich ein großer Fan von kommunikativen Trainer*innen. Das bedeutet nicht, dass man über jede Übungsform oder jedes Thema abseits des Sports sich mit mir unterhalten muss, sondern eher, dass mein Coach seine Art auch an mich anpassen kann. Im Sport gibt es so viele verschiedene Sportler-Persönlichkeiten. Vor allem in einem Individualsport bin ich der Überzeugung, dass man daher den Athlet*innen den nötigen Raum und Eigenverantwortung zugestehen sollte.“
Sebastian: „Was stört dich an einem*r Trainer*in? Wodurch nimmt dir der*die Trainer*in die Motivation?“
Kai: „Mich stören vor allem Trainer*innen, bei denen ich das Gefühl habe, dass Athlet*innen nicht im Mittelpunkt stehen. Trainer*in zu sein, ist eine sehr sehr anspruchsvolle Aufgabe. Bei einigen Trainer*innen in meiner Karriere habe ich den Eindruck gewonnen, dass sie sich ihrer Aufgabe und Verantwortung gegenüber Spitzensportler*innen nicht hundertprozentig bewusst sind.“