Das Interview mit Frank Wieneke Judo-Olympiasieger als Athlet und als Bundestrainer

Bekomme einen Einblick in die persönlichen Werkzeuge von Frank

Name: Frank Wieneke Judo-Olympiasieger als Athlet und als Bundestrainer

Alter: 59

Sportart: Judo

Thema Wettkampfvorbereitung:

Sebastian: „Wie bereitest du dich am Tag vor dem Wettkampf vor? Was machst du für dich und warum?“

Frank: „Ich rede jetzt nur von EM, WM und Olympische Spiele. Für gewöhnlich dreht sich der ganze Tag um den Athleten der an diesem Tag kämpft. Natürlich muss die gleiche Aufmerksamkeit den Athleten gelten, der am nächsten Tag kämpft. Sollte es mal eine kleine Pause geben, lege ich mich auch gerne mal in den Aufwärmraum, bedecke mein Gesicht mit einem Handtuch und döse ein wenig vor mich hin.“

Sebastian: „Wie bereitest du dich am Tag des Wettkampfs auf den Start vor? Was machst du für dich und warum?“

Frank: „Am liebsten stehe ich sehr früh vor allen anderen auf, um noch ein wenig Zeit für mich zu haben. Auch gehe ich gerne alleine zum Frühstück und setze mich mit dem Rücken zum Frühstücksraum, um nicht jeden begrüßen zu müssen. Habe ich meine Zeit für mich gehabt stehe ich dem Team und auch anderen Nationen offen gegenüber. Ab dem Zeitpunkt wo der Athlet in den Raum eintritt, gibt es den ganzen Tag keine Pause mehr, weil ich ihm jede Sekunde zur Verfügung stehe.“

Sebastian: „Was machst du die letzten Minuten, um dich auf den Wettkampf vorzubereiten? Was genau machst du bewusst oder unbewusst, um dich so richtig auf den Wettkampf einzustellen? Nutzt du bestimmte mentale Werkzeuge, Verhaltensweisen oder Vorgehen dazu?“

Frank: „In der letzten Minute musste ich mich selbst beruhigen, ohne dass das der Athlet bemerkt. Vor dem Athleten habe ich immer Ruhe und Zuversicht ausgestrahlt. Nur in mir sah es ganz anders aus. Je länger ich Trainer war, wurde es mit jeder EM, WM und OS schlimmer, Das schlimme ist, dass du dich als Trainer nicht körperlich verausgaben kannst. Als Athlet hatte ich es da besser, da konnte ich durch körperliche Aktivität den Stress auf ein gutes Maß runterregeln.“

Thema Motivation:

Sebastian: „Was sind deine Ziele als Trainer? Was motiviert dich, damit du die Mühen aufnimmst?“

Frank: „Den perfekten Wettkampf mit dem Athleten gemeinsam finden. Techniken und Taktiken beim Athleten zu erkennen, wo man jahrelang daraufhin gearbeitet hat. Auch eine außergewöhnliche Leistung bei den Athleten hervorzubringen. Denn wenn man einen Titel gewinnen will, reicht eine sehr gute Leistung nicht aus, der Athlet muss an dem Tag über sich hinaus wachsen und diesen Tag zu gemeinsam mit dem Athleten zu finden ist eine große Freude. Viele Athleten werden in ihrem Leben nie so einen Tag erleben.“

Sebastian: „Wen würdest du gerne mal trainieren?                        

Frank: „Ich habe genug Athleten in meinem Leben trainiert und hatte alle Charaktere dabei. Die größte Freude ist es jetzt mit meinem Sohn auf die Suche nach dem perfekten Wettkampf zu gehen.“

Sebastian: „Was machst du, wenn du vor einem Training mal keine Motivation hast?“

Frank: „Als Trainer musst Du auch manchmal ein Schauspieler sein, der einfach seinen Job macht und eine positive Atmosphäre verbreiten muss. Wenn du weißt, dass du es nicht schaffen wirst, lass einen anderen Trainer das Training leiten, oder sogar den Wettkampf betreuen. Ist mir einmal bei einer EM passiert, da konnte ich nicht mit dem Athleten zur Matte gehen, weil ich nervlich am Ende war.“

Sebastian: „Wie gehst du da mit dir um?“

Frank: „In der Regel bin ich sehr enttäuscht von mir und ich zweifele an mir und meinen Fähigkeiten. Grundsätzlich gebe ich mir die Schuld für meine Gefühlswelt.“

Thema Persönlich:

Sebastian: „Was würdest du deinem 14-jährigen Ich für einen Tipp geben, den du damals hättest gebrauchen können?“

Frank: „Ich glaube ich habe alles richtig gemacht, kann mich nur an Äußerungen von meinen Vater erinnern, wenn ich mal nicht zum Training wollte. Er sagte dann immer, wenn Du keine Lust zum Trainieren hast, geh trotzdem hin und setz dich auf die Bank und schau zu, da kannst du auch etwas lernen. Als ich mit Judo aufhören wollte, gab er mir zu verstehen, „erst dann wenn dir der Judoanzug vom Hintern fällt“ der war teuer genug.

Also meine Tipps:

  • Geh auch zum Training wenn du keine Lust hast, weil du weißt erst nach der TE ob sie doch Spaß gemacht hast.
  • Sei Dein eigenes Vorbild, du musst deinen eigenen Weg finden.
  • Richte dich nicht nach anderen, wenn du trainieren willst“

Sebastian: „Danke für die tollen Tipps! Wann war der Punkt als du dich für den Leistungssport bzw. für eine professionelle Karriere entschieden hast? Was war der Auslöser bzw. Grund?“

Frank: „Ich hatte nicht das Ziel Titel zu gewinnen, mir hat später das Training sehr viel Spaß bereitet und auszuloten, wo meine körperlichen und mentalen Grenzen waren. Training war für mich immer sehr anstrengend und ich wollte nicht akzeptieren, dass meine Psyche über meinen Körper gewinnt. Der Erfolg war das Produkt meines harten Trainings. Viele Kämpfe habe ich nur aufgrund meiner mentalen Willenskraft gewonnen, nicht weil ich besser war.“

Sebastian: „Was machst du morgens, um gut in einen Tag zu starten?“

Frank: „Drei Kekse essen und eine Tasse Kaffee. Jetzt wo ich Arbeite gehe ich 3-4 Mal pro Woche vor der Arbeit trainieren. Das gibt mir Motivation und Selbstvertrauen für den Tag.“

Sebastian: „Welcher Spruch, Buch oder Mensch hat dich am meisten beeinflusst auf deinem Weg?“   

Frank: „Spruch: Gewinner suchen nach Lösungen, Verlierer nach Entschuldigungen

Mensch: meine Mutter und mein Vater

Buch: Ich glaube Ernährungsbücher“

Sebastian: „Wie suchst du dir deinen Ausgleich zum Sport? War das immer so oder hat sich das im Laufe der Zeit verändert?“

Frank: „Neben dem Sport der immer noch meine Leidenschaft ist, schmiede ich Messer oder stelle Messer aus alten Schrotteilen her.“

Thema Fokus:

Sebastian: „Wodurch verlierst du den Fokus im Wettkampf oder Training? Fehlversuch eines Athleten, Schiedsrichterentscheidung…?“

Frank: „Nur bei Verletzungen meiner Athleten oder auch meine eigenen habe ich den Fokus verloren.“

Sebastian: „Wie findest du dann wieder den Fokus? Gibt es ein Werkzeug, ein Verhalten oder Vorgehen, dass du da nutzt?“

Frank: „Sofort neue Ziele definieren und festlegen.“

Thema nach dem Wettkampf:

Sebastian: „Was machst du direkt nach dem Wettkampf? Wie bereitest du einen Wettkampf nach?“

Frank: „Suche bei Niederlagen die Schuld bei mir und lege neue Trainingsziele fest.“

Sebastian: „Wie lange denkst du noch an einen Wettkampf nachdem er vorbei ist?“

Frank: „Über die wichtigsten Wettkämpfe sowohl meiner Athleten, aber auch meine eigenen denke ich bis heute nach. Am meisten über die Niederlagen bei wichtigen Wettkämpfen.“

Sebastian: „Wie gehst du mit einer Niederlage/schlechten Wettkampf um?“

Frank: „Selbstzweifel und mir die Schuld geben. Dauert 2-3 Tage, dann werden neue Ziele mit voller Überzeugung festgelegt.“

Sebastian: „Wie gehst du mit einem Sieg/guten Wettkampf um? Gibt es hier etwas systematisches?

Frank: „Ich habe mich als Athlet und Trainer immer darüber gefreut, dass sich meine Familie über die Siege freut und auch ein wenig stolz ist. Mir gibt es Freude und Motivation, wenn ich sehe wie sich andere darüber freuen.“

Thema Leadership:

Sebastian: „Wie gehst du mit Fehlern von Athleten um? Hat sich dieser Umgang bei dir über die Jahre verändert?“

Frank: „Wenn die Athleten ehrlich zu sich und zu mir sind, kann ich alle Fehler verzeihen. Sich selbst oder mich belügen geht gar nicht.“

Sebastian: „Was ist das Erste, was du machst, wenn du eine Mannschaft/einen Sportler übernimmst?“

Frank: „Sprechen und Vertrauen schaffen, Regeln erklären und eine gute positive/optimistische Stimmung verbreiten.“

Sebastian: „Worauf legst du besonderen Wert bei der Beziehung zu einer Mannschaft/einem Sportler?“

Frank: „Ehrlichkeit und Vertrauen.“

Sebastian: „Was tust du, damit dein Athlet 100% gibt?“

Frank: „Dass muss er schon selbst wollen, ich kann ihn nur auf diese Situation vorbereiten und sein Umfeld so gestalten, dass er sich entfalten kann. Aber tun muss er es selbst.“

Sebastian: „Wie bereitest du ein Feedback an einen Sportler im Training oder Wettkampf vor? Ist das spontan oder durchdacht? Wie gehst du vor?“

Frank: „Manchmal so und so. Ich habe den Fehler zu früh meine Meinung zu sagen ohne die der Athleten zuerst zu hören. Ich schließe aber grundsätzlich das Gespräch mit einer positiven Äußerung/Feedback ab. Aber das Wort Versagen, das kannst du nicht etc. habe ich nie in Mund genommen“

Sebastian: „Wie wichtig ist dir Feedback durch deine Sportler? Wie holst du es gegebenenfalls ein?“

Frank: „Ich habe schon auch Athleten nach ihrer Meinung gefragt, z.B. Nominierungen, Trainingsplanung und Stimmung der Mannschaft. Diese Gespräche waren aber immer nur unter 4 Augen und sehr entspannt.“

Wichtiger Hinweis: Die Teilnahme des Gasts an der Sport-Runde lässt keine Rückschlüsse darüber zu, ob eine sportpsychologische Zusammenarbeit mit Sebastian Altfeld besteht. Es ist lediglich ein Zeichen dafür, dass der*die Sportler*in/Trainer*in die dankenswerte Bereitschaft zeigt, die eigenen Ansichten und Ansätze zu teilen. 

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