Bekomme einen Einblick in die persönlichen Werkzeuge von Marie
Der nächste Gast in der Sportrunde: Marie Gülich – Basketball-Nationalspielerin und Profi-Spielerin in Spanien und der WNBA
Die Vorstellung von Marie findest du unter diesem Link
Alter: 29
Sportart: Basketball
Wichtiger Hinweis: Die Teilnahme des Gasts an der Sport-Runde lässt keine Rückschlüsse darüber zu, ob eine sportpsychologische Zusammenarbeit mit Sebastian Altfeld besteht. Es ist lediglich ein Zeichen dafür, dass der*die Sportler*in/Trainer*in die dankenswerte Bereitschaft zeigt, die eigenen Ansichten und Ansätze zu teilen.
Thema Wettkampfvorbereitung:
Sebastian: „Wie bereitest du dich am Tag vor dem Wettkampf vor? Was machst du für dich und warum?“
Marie: „Am Tag vor dem Wettkampf arbeite ich weitestgehend visuell und versuche mir vorzustellen, was mich am nächsten Tag erwartet. Ich versuche mich darauf zu fokussieren, wen ich zu verteidigen habe und was die Tendenzen derer sind, aber auch wie ich erfolgreich sein kann. Ich versuche garantierte acht Stunden Schlaf zu bekommen. Eine Routine habe ich nicht so richtig vor dem Spieltag. Ich gehe normal zum Training und ich versuche eine intensive kurze Krafttrainingseinheit für mich einzubauen. Je nachdem, ob wir auswärts oder zu Hause spielen ist das jedoch unterschiedlich, da wir auswärts meist keine Möglichkeit haben, in einen Kraftraum gehen zu können.“
Sebastian: „Danke für die Einblicke. Gibt es ansonsten noch etwas, was du abends machst? Wie sieht da die Gestaltung aus?“
Marie: „Es gibt nichts, was ich sonst noch mache am Tag vor dem Spiel. Tatsächlich tut es mir gut, mich nicht zu sehr darauf zu versteifen, sondern meinen Tag und Abend einfach bewusst und im Hier und Jetzt zu genießen.“
Sebastian: „Wie bereitest du dich am Tag des Wettkampfs auf den Start vor? Was machst du für dich und warum?“
Marie: „Früher war ich sehr strukturiert und auch an Spieltagen abergläubisch. Es drehte sich alles darum, alles immer zeitlich genauso durchzuführen, wie ich es gewohnt war. Kleinste Veränderungen machten mich dann aber nervös und ich habe gemerkt, dass es mich eher aus dem Konzept bringt, als dass es mir hilft, mich mental vorzubereiten. Mittlerweile ist mein Tag so strukturiert, dass wir morgens als Team ein Shoot-around haben, ich daraufhin nach Hause fahre und mit meinem Hund spazieren gehe. Je nachdem, wann am Tag der Wettkampf beginnt, gehe ich vielleicht in ein Café, lese etwas oder telefoniere mit meinem Freund, meinen Freunden oder meiner Familie. Drei Stunden bevor ich losfahre, versuche ich dann zu Hause zu sein, um mich auszuruhen. Wenn ich mich danach fühle, mache ich einen Mittagsschlaf für eine Stunde. Wenn ich nicht schlafe, höre ich einen Podcast oder entspannte Musik. Nach der Stunde schaue ich mir meist noch ein Scoutingvideo der Gegner an, um mich mental auf das Spiel vorzubereiten. Danach setze ich mich hin und schreibe meine Focus Cues auf. Focus Cues sind Values, die ich auf dem Spielfeld immer bringen kann und möchte. Die kann ich immer kontrollieren. Meine Focus Cues sind: Connection (high-fives mit Mannschaftskameraden, Kommunikation und Anfeuern), Ownership (Verantwortung übernehmen und diese auch an mich nehmen, wenn gute Sachen im Spiel passieren, aber auch wenn Fehler passieren – vielleicht kann man auch Akzeptanz sagen und dann einfach weiter machen), Compete (man kann immer Defense spielen und Rebounds holen und seine Würfe nehmen. Das Resultat, ob ich die Rebounds dann bekomme oder die Würfe mache, ist erstmal unabhängig. Erstmal geht es darum, dass man es macht.) Meistens schreibe ich mir die Focus Cues dann auch auf das Handgelenk, damit ich mich während des Spiels dran erinnern kann. Denn manchmal übernehmen die Emotionen und es ist gut etwas zu haben, was mich wieder auf den Boden bringt.
Meine Spielvorbereitung hilft mir mit einer gewissen Ruhe ins Spiel zu gehen. Ich plane meinen Tag freier. Das hilft mir mehr auf meinen Körper und auf meinen Kopf zu hören. Auch hilft es mir darauf zu achten, was ich gerade brauche. Wenn ich zu versteift meinen Tag plane, dann setzt mich das mehr unter Druck. Deswegen versuche ich das zu machen, wonach ich mich fühle.“
Sebastian: „Wow, vielen Dank für diesen tollen Ansatz. Das ist so wertvoll für junge Spielerinnen und Spieler zu lesen, dass es einfach normal ist, dass man im Spiel von Emotionen geleitet wird, aber du ihnen einen schönen Ansatz zeigst, worauf man sich im Spiel konzentrieren kann. Was machst du die letzten Minuten, um dich auf den Wettkampf vorzubereiten? Was genau machst du bewusst oder unbewusst, um dich so richtig auf den Wettkampf einzustellen?“
Marie: „In meinem Warm-up habe ich eine Routine, die ich meistens beibehalte. Ich mache ein paar Atemübungen und ein leichtes Krafttraining vor dem Spiel, um meine Muskeln und Körper auf die Belastung vorzubereiten. In den letzten Minuten ist mein Fokus immer bei meinen Teammates. Ich versuche viel zu kommunizieren, zu lachen und einfach Spaß zu haben. Vor sehr wichtigen Spielen hilft mir das sehr, eine gewisse Lockerheit beizubehalten und nicht so angespannt zu sein. Ich bin jemand, der die Verbindung und dieses Zusammensein mit meinen Teammates braucht. Das gibt mir Sicherheit und das Gefühl, dass ich nicht allein auf dem Court bin. Nervös bin ich eigentlich vor jedem Spiel, mal mehr und mal weniger. Eine gewisse Anspannung ist aber immer da, welche ich mittlerweile echt hilfreich finde. Wenn ich nicht nervös bin, dann bin ich eher besorgt, weil mir diese Anspannung fehlt.“
Sebastian: „Und falls du feststellst, dass die Anspannung nicht da ist, hast du da dann einen Ansatz für dich gefunden, damit umzugehen?“
Marie: „Oft versuche ich mich durch etwas aggressivere Musik in eine gewisse Stimmung zu bringen, die mir hilft motiviert zu sein. Meistens, selbst wenn das nicht hilft, werde ich im Laufe des Spiels dann eh aggressiver und motivierter, weil ich mich nicht gerne hängen lasse und mich auch zu einem gewissen Standard halten möchte. Früher habe ich mich eher darauf versteift und mich gestresst, aber heute hilft es mir mehr die Situation und die fehlenden Emotionen zu akzeptieren. Meistens löst sich dann dieses Gefühl der Gleichgültigkeit schnell und man hat wieder etwas mehr Emotion und Leidenschaft.“
Thema Motivation:
Sebastian: „Was machst du, wenn du im Training mal keine Motivation mehr hast?“
Marie: „Vor ein paar Jahren hätte ich wahrscheinlich gesagt, dass ich mir mit einer kritischen Stimme sagen würde: ‘Komm Marie, stell dich nicht so an. Du spielst Basketball.‘ Heute ist das etwas anders. Ich habe gemerkt, dass mir das Kritische eher ein schlechtes Gewissen macht. Deswegen habe ich vielleicht härter gearbeitet, aber langfristig hat mir das überhaupt nichts gebracht. Wenn ich heute mal keine Motivation habe, dann versuche ich erstmal etwas netter zu mir selbst zu sein. Ich versuche, einfach mit meinen Teammates Spaß zu haben, Witze zu machen oder einfach ein bisschen albern zu sein. Lachen und etwas positive Energie hilft mir immer motivierter zu sein. An manchen Tagen, an denen das nicht hilft, versuche ich trotzdem einfach das Beste daraus zu machen – manchmal ist das einfach so.“
Sebastian: „Wie gehst du da mit dir um, wenn du im Training mal keine Motivation mehr hast?“
Marie: „Ich würde sagen, dass es für mich immer noch ein Prozess ist. Ich werde besser darin, netter zu mir zu sein und ich verstehe, dass ich auch manchmal schlechte Tage habe. Früher hat mich das sehr unter Druck gesetzt und sehr gestresst. Wenn ich schlecht trainiert habe oder die nötige Motivation nicht da war, war ich vor Spielen nervöser und habe mich schlechter vorbereitet gefühlt. Mittlerweile fällt es mir leichter, schlechte Tage auch einfach zu akzeptieren und vor allem diese nicht mit meinem Können zu verknüpfen. Ein schlechter Tag, selbst mehrere schlechte Tage, bedeuten nicht, dass ich plötzlich kein Basketball mehr spielen kann. Ich bin trotzdem noch oft frustriert, wenn ich aufgrund mangelnder Motivation ein schlechtes Training hatte, und währenddessen bin ich dann auch genervt und emotional. Dennoch gelingt es mir immer öfter, den Fokus dann auf externe Dinge zu legen, um nicht in eine negative Spirale zu verfallen. Die drei Focus Cues, die ich oben schon mal erwähnt habe, helfen mir aus negativen Momenten rauszukommen.“
Sebastian: „Vielen Dank für diese wertvollen Messenges.“
Thema Persönlich:
Sebastian: „Was würdest du deinem 14-jährigen Ich für einen Tipp geben, den du damals hättest gebrauchen können?“
Marie: „Meine Leistung definiert mich nicht als Person. Ein schlechtes Spiel oder nur eine schlechte Aktion im Spiel, bedeutet nicht automatisch, dass das den Rest meiner weiteren Karriere beeinflusst.
Ich würde mir auch sagen, dass Versagen kein Grund für Scham ist. Ein Fehler bietet einfach eine weitere Möglichkeit zu lernen und besser zu werden. Ich schäme mich auch heute noch für Fehler, allerdings kann ich die Scham heute schneller ablegen. Ich weiß heute jedoch, dass mich meine Scham und die Angst vor Scham früher oft zurückgehalten hat, mutig zu spielen.“
Sebastian: „Wann war der Punkt, als du dich für den Leistungssport bzw. für eine professionell Karriere entschieden hast?“
Marie: „Ich habe erst im College eine Karriere im Basketball wahrgenommen. Da war ich dann 22 Jahre alt. Vorher habe ich immer gedacht, dass ich irgendwo in Deutschland noch ein paar Jahre spielen werde und nebenbei meine berufliche Karriere angehen kann. Im College hatte ich auf einmal Vorbilder, die mir gezeigt haben, dass ich Basketball-Profi werden kann, und auch genug Geld verdienen kann. In Deutschland haben mir dazu die Vorbilder und die Struktur gefehlt.“
Sebastian: „Was machst du morgens, um gut in einen Tag zu starten?“
Marie: „Ich trinke ein großes Glas Wasser mit Zitrone und Salz und gehe dann für eine Stunde mit meinem Hund in den Park. Danach esse ich mein Frühstück und trinke einen Kaffee. Je nachdem, wann das Training beginnt, muss ich dann los oder ich habe den Morgen frei und mache etwas für die Uni.“
Sebastian: „Welcher Spruch, Buch oder Mensch hat dich am meisten beeinflusst auf deinem Weg?“
Marie: „Das Buch „Mind Gym: An Athletes Guide to Inner Excellence“ von Gary Mack war das erste Buch, welches ich über Sportpsychologie gelesen habe. Es hat mir unglaublich geholfen, mich selbst besser kennen zu lernen und mehr in mein Mental-Game zu investieren. Meine Performance- und Mental-Skills-Coach, den ich ein paar Jahre später kennengelernt habe, hat mir unglaublich viel geholfen an meinem Mental-Game zu arbeiten und vor allem, mich besser kennen zu lernen. Ich habe viele Sprüche, die mir in verschiedenen Situationen helfen. Am präsentesten in meinem Kopf ist folgender: “Control what you can, let go of the rest, and trust your ability to adjust.”
Sebastian: „Das ist ein schöner Spruch und passt sehr zu deinen Aussagen oben. Was machst du in deiner Freizeit, wenn du kein Training/ Wettkampf hast? Warum machst du das?“
Maria: „Es kommt ganz auf den Tag an. Manchmal mache ich absolut gar nichts und hänge einfach nur rum, weil wir sehr viel reisen und viel unterwegs sind. Manchmal tut es gut, einfach nichts machen zu müssen. Eigentlich bin ich aber eher jemand, der gerne draußen unterwegs ist. Ich fahre oft mit meinem Hund an den Strand und gehe spazieren, außerdem gehe ich sehr gerne in die Stadt und probiere neue Cafés und Restaurants aus. Neben Basketball studiere ich außerdem noch und mache meinen Master in Sport und Performance Psychologie. Wenn ich frei habe, versuche ich so wenig wie möglich mit meinem Sport in Berührung zu kommen, einfach nur um ein wenig die Distanz und Perspektive zu behalten und mich auch als Person außerhalb des Sports zu sehen. Ich liebe Basketball, dennoch fühle ich mich eingeschränkt und eingeengt, wenn ich mich zu sehr mit dem Sport identifiziere.“
Sebastian: „War das schon immer so, dass du die Distanz als Ausgleich gesucht hast?“
Marie: „Tatsächlich ist mir das nie so bewusst gewesen, dass ich den Ausgleich brauche, bis es mir eine Zeit lang nicht so gut ging und ich mich irgendwie so eingeengt und unausgeglichen gefühlt habe. Dadurch ist meine Leistung sehr gesunken und das hat alle möglichen Zweifel in mir ausgelöst, wie zum Beispiel, ob Basketball das ist, was ich machen möchte, ob ich überhaupt gut genug bin. Das wiederum hat mich dann vor existenziellen Ängsten und Fragen gestellt, wie es weiter geht, wenn ich nicht Basketball spiele und die Angst, keine Arbeit zu haben und finanzielle Möglichkeiten. Für mich war es dann klar, einfach eine Pause zu machen, zu reflektieren und zu gucken, was ich wirklich will. Eigentlich habe ich immer eine Sommer- und eine Winter-Saison gespielt, habe mich dann aber dafür entschieden, die Sommersaison in der WNBA nicht mehr zu spielen und ein bisschen Zeit für mich zu haben. In der Zeit ist mir aufgefallen, dass ich immer mal wieder so Auszeiten genommen habe, selbst als Jugendspielerin. Die Pause hat mir geholfen, mal wieder andere Sachen auszuprobieren, Zeit mit meiner Familie und mit Freunden zu verbringen und einfach mal das zu tun, worauf ich Lust habe.“
Thema Misserfolg:
Sebastian: „Wodurch verlierst du den Fokus im Wettkampf oder Training? Fehlversuch, Schiedsrichterentscheidung…?“
Marie: „Es ist immer unterschiedlich für mich. Ich bin mir nicht sicher, ob andere Athletinnen das genauso erleben wie ich. Aber in der Woche vor meiner Menstruation bin ich sehr schnell gereizt von Schiedsrichtern, Fehlentscheidungen meinerseits und generell emotionaler als sonst. In dieser Woche fällt es mir oft schwer, nicht emotional auf Dinge zu reagieren, die ich nicht kontrollieren kann. Während des Wettkampfs verliere ich eigentlich nur den Fokus in Situationen, in denen ich Fehlentscheidungen treffe oder mehrere Würfe hintereinander nicht treffe.
Das ist mittlerweile allerdings viel besser geworden, seitdem ich mit den Focus Cues arbeite.“
Sebastian: „Tatsächlich ist das gar nicht so selten. Aus meinen Betreuungen kenne ich viele Sportlerinnen, die dieses Phänomen beschreiben. Wie findest du nach einem Fehler oder Misserfolg wieder den Fokus?“
Marie: „Wie du wahrscheinlich bereits gemerkt hast, der Begriff “Focus Cue” kommt bei mir oft vor und ist auch hier ein Weg für mich, meinen Fokus wieder auf das Hier und Jetzt zu richten. Mit meinem Mental Coach rede ich oft über “Next play speed,“ was bedeutet, von Fehlern schnell auf die nächste Aufgabe umzuschalten und diese zu meistern. Im Basketball bedeutet das, nach einer Fehlentscheidung entweder schnell zurück in die Defense zu laufen und dort versuchen einen positiven Einfluss zu haben oder sogar den Rebound zu holen. Prinzipiell versuche ich mich nur auf das zu konzentrieren, was gerade passiert oder die nächste Aufgabe, die gemeistert werden muss. Das hilft mir meistens, nicht zu lange über vergangene Fehler nachzudenken — natürlich funktioniert das nicht immer und es ist definitiv etwas, was man viel üben muss.“
Sebastian: „Was bedeutet für dich ein Fehler oder Rückschlag im Training oder Wettkampf? Gibt es Unterschiede zwischen Training und Wettkampf?“
Marie: „Es kommt darauf an, wie gravierend die Fehler sind. Tendenziell ärgern mich Fehler, die ich im Training mache, genauso wie im Spiel, nur, dass es in Trainingsmomenten nicht so einen großen Einfluss auf das Endergebnis hat. Ich würde sagen, dass ich immer hohe Erwartungen an mich und meine Leistung habe, ganz gleich, ob es im Training oder beim Wettkampf ist. Im Training will ich wachsen und die Sachen üben, in denen ich besser werden will und das ist in diesen Momenten meine Challenge. Im Spiel will ich mit meinem Team gewinnen und eine gute Leistung bringen.“
Sebastian: „Hat sich diese Bedeutung verändert?“
Marie: „Definitiv. Ich bin momentan an einem Punkt in meiner Karriere, an dem ich mich nicht mehr so stark beweisen muss. Ich habe mein Skillset, meinen Namen, wenn man es so nennen möchte. Mein Coach weiß, was ich kann, und vertraut mir. Wenn „dumme“ Fehler im Training oder auch im Spiel passieren, weiß mein Coach das, dass es ein einmaliger Fehler war. Als jüngere Spielerin muss oft das Vertrauen von Mitspielern und Coaches erarbeitet werden. Für mich bedeutete das, so wenig „Fehler“ im Training zu machen wie möglich, weil das der Weg war, auch beim Spiel auf dem Spielfeld zu stehen. Damals haben mich schlechte Trainingseinheiten sehr unter Druck gesetzt und ich war oft von mir selbst enttäuscht, was mittlerweile nicht mehr der Fall ist. Aber dazu muss ich sagen, dass das auch einfach mit der Erfahrung und Zeit kam und natürlich muss ich im Training konstant Leistung bringen. Dennoch fällt mir das jetzt leichter, da ich mir weniger Sorgen um meine Rolle im Team machen muss.“
Thema nach dem Wettkampf:
Sebastian: „Was machst du direkt nach dem Wettkampf? Wie bereitest du einen Wettkampf nach?“
Marie: „Ich schreibe mir meistens nach dem Spiel drei Dinge auf, die ich gut gemacht habe und auch drei weitere, die ich vielleicht hätte, besser machen sollen. Ich gebe mir einen Score, wie ich meine Focus Cues umgesetzt habe und schreibe mir drei Dinge auf, auf die ich mich im nächsten Spiel konzentrieren möchte. Ich muss dazu sagen, dass ich das nicht immer mache. Aber wenn ich mit meiner Leistung sehr unzufrieden bin, hilft mir das meistens mit dem Spiel abzuschließen und mich auf das nächste Spiel zu konzentrieren. Es hilft mir meine Frustration in Motivation umzuwandeln.“
Sebastian: „Wie lange denkst du noch an einen Wettkampf, nachdem er abgeschlossen ist?“
Marie: „Unterschiedlich. Spiele, in denen es nicht so gut für mich lief, halten mich oft nachts wach, weil ich Momente und Situationen in meinem Kopf durchspiele, die ich hätte anders machen müssen. Bei verlorenen Spielen überlege ich auch oft, was ich hätte, besser machen sollen. Aber ich habe für mich eine neue Regel aufgestellt. Bis Mitternacht darf ich mich ärgern und dann beginnt ein neuer Tag. Das funktioniert auch ganz gut, aber manchmal denke ich dann trotzdem noch am nächsten Tag über das Spiel nach.“
Sebastian: „Eine schöne Regel, da sie ja sagt, dass Ärgern ok ist. Wie gehst du mit einer Niederlage/ schlechten Wettkampf um? Gibt es etwas Systematisches?“
Marie: „Manchmal weine ich und bin enttäuscht, manchmal bin ich auch einfach wütend. Nach solchen Spielen hilft es mir oft etwas Abstand zu gewinnen und mir dann nach einiger Zeit mit weniger Emotionen, Gedanken zum Spiel zu machen. Deswegen versuche ich erstmal das zu fühlen, was ich fühle, ohne irgendwas direkt zu analysieren. Manchmal ist es gar nicht so schlimm, wie es sich in dem Moment anfühlt und manchmal ist es eine Niederlage, die die Saison beendet, aber für mich ist es wichtig es erst mal “zu verdauen.” Es hilft mir auch mit meinen Teammates vielleicht irgendwas zu unternehmen. Zusammen verlieren ist einfacher, als es allein zu tragen. Den einen richtigen Weg habe ich für mich noch nicht gefunden, aber bis jetzt habe ich vieles immer gut verarbeitet und von den Niederlagen gelernt. Ich denke, ich bin gut darin zu schauen, was ich in dem Moment brauche. Akzeptanz ist immer am wichtigsten in solchen Momenten. Manchmal läuft es nicht und am besten ist der Blick nach vorne.“
Sebastian: „Wie gehst du mit einem Sieg/ guten Wettkampf um? Gibt es hier etwas Systematischer?“
Marie: „Auch hier kommt es darauf an. Meistens versuche ich das gute Gefühl einfach wahrzunehmen und zu genießen. Ich tendiere dazu, gute Leistung mit zu viel Selbstverständlichkeit zu behandeln, deswegen versuche ich mir schon etwas mehr Credit zu geben und mich auch selbst zu loben und stolz auf mich zu sein. Mir fällt sowas immer sehr schwer und das ist etwas, was ich wirklich üben muss. Es fällt mir leichter kritisch mit mir zu sein, als die guten Aktionen zu sehen.“
Thema Trainer*in:
Sebastian: „Was macht für dich eine*n gute*n Jugendtrainer*in aus?“
Marie: „Jemand, der seine Spieler versteht und auch sieht, was sie motiviert und wie sie lernen. Meiner Meinung nach ist das auch jemand, der versteht, dass Jugendliche auch jung sein wollen und ihr jugendliches Leben in dem Moment leben wollen. Ich hatte immer Glück, dass meine Jugendtrainer verstanden haben, dass ich Leistungssportlerin bin, aber auch eine Jugendliche. Natürlich wurde Leistung, Konzentration und Konstanz von mir erwartet, dennoch ging die Welt auch nicht unter, wenn es mal nicht der Fall war. Fehler und Tiefen müssen erlaubt sein und auch positiv unterstützt werden.“
Sebastian: „Wie stellt ein* Trainer*in zu dir eine zielführende Beziehung her?“
Marie: „Wenn er sich für mich als Person interessiert und nicht nur als etwas, das für ihn/ sie Leistung bringt. Ich persönlich performe besser, wenn ich eine gute Beziehung zu meinem Coach habe, bei dem ich merke, dass er mir vertraut und mich respektiert. Sowas passiert eigentlich nur durch Kommunikation und Gespräche, Erfahrungen austauschen, Erwartungen mitteilen und Feedback geben. Wenn mein Coach mich vor, nach oder während eines Trainings oder Wettkampfes zur Seite zieht und mir Feedback gibt, dann ist das oft etwas, was mir hilft, eine zielführende Beziehung aufzubauen.“
Sebastian: „Was stört dich an einem*r Trainer*in? Wodurch nimmt dir der*die Trainer*in die Motivation?“
Marie: „Oft nimmt mir ein Trainer die Motivation, wenn man Drills in ein Training einbaut, welche einfach nur dazu dienen, um Zeit zu “verschwenden” und um auf eine bestimmte Stundenzahl zu kommen. Das frustriert mich oft, weil ich dann das Gefühl habe, dass es mich nicht weiterbringt. Ich bin auch nicht jemand, den es motiviert, wenn er vor Coaches angeschrien wird. Ich tendiere dann eher dazu mich noch mehr zu verstecken und zu verschwinden, als dass es mich pusht. Ich versuche allerdings meine Motivation nicht zu sehr von meinem Coach abhängig zu machen. Natürlich funktioniert das nicht immer, aber tendenziell bin ich motivierter, wenn meine Motivation internal ist.“