Bekomme einen Einblick in die persönlichen Werkzeuge von Matthias
Der nächste Gast in der Sportrunde: Matthias Sommer – Bronze-Sieger bei Olympia 2022 in China im Bob-Fahren
Die Vorstellung von Matthias findest du unter diesem Link
Alter: 32
Sportart: Bob
Wichtiger Hinweis: Die Teilnahme des Gasts an der Sport-Runde lässt keine Rückschlüsse darüber zu, ob eine sportpsychologische Zusammenarbeit mit Sebastian Altfeld besteht. Es ist lediglich ein Zeichen dafür, dass der*die Sportler*in/Trainer*in die dankenswerte Bereitschaft zeigt, die eigenen Ansichten und Ansätze zu teilen.
Thema Wettkampfvorbereitung:
Sebastian: „Wie bereitest du dich am Tag vor dem Wettkampf vor? Was machst du für dich und warum?“
Matthias: „Am Tag vor dem Wettkampf versuche ich etwas Zeit für mich zu finden. Die meiste Zeit des Tages bin ich mit meinen Teamkameraden oder meinem Zimmernachbarn zusammen. Ein kleiner Spaziergang an der frischen Luft hilft mir dann runterzukommen.
Außerdem lege ich mir einen Plan für den Wettkampf Tag zurecht. Ich überlege, wann ich aufstehe, frühstücke, zur Bobbahn fahre oder mit der Erwärmung beginne. Ich lege mir auch schon die Klamotten bereit und packe die Wettkampftasche. So kann ich mich am Wettkampftag vollkommen auf das Rennen konzentrieren.“
Sebastian: „Danke für den Einblick. Gibt es noch etwas Besonderes oder Systematisches, wie du den Abend verbringst?“
Matthias: „In der Regel verbringe ich noch etwas Zeit mit meinen Teamkollegen und wir spielen ein paar Runden Mario Kart auf der Konsole.“
Sebastian: „Wie bereitest du dich am Tag des Wettkampfs auf den Start vor? Was machst du für dich und warum?“
Matthias: „Am Tag des Wettkampfs versuche ich mich an meinen Zeitplan zu halten. Auch das Warm-up folgt einer Routine, sodass ich weiß, wie viel Zeit ich brauche, um pünktlich am Start zu stehen. Das gibt mir Sicherheit und erspart mir Stress.
Während des Warm-ups suche ich mir zwischendurch einen ruhigeren Ort, um ein paar Atemübungen zu machen oder die Starttechnik im Kopf durchzugehen.
Wenige Minuten vor dem Start machen wir, meine Teamkameraden und ich, uns nochmal durch Abklatschen und motivierende Worte heiß auf den Start.“
Sebastian: „Was machst du die letzten Minuten, um dich auf den Wettkampf vorzubereiten? Was genau machst du bewusst oder unbewusst, um dich so richtig auf den Wettkampf einzustellen?“
Matthias: „Ja, es gibt noch Rennen, vor denen ich aufgeregt bin. Ich versuche mich auf meine Stärken zu besinnen und versuche locker zu bleiben, aber ein bestimmtes Geheimrezept gegen Nervosität habe ich leider nicht ;).
Thema Motivation:
Sebastian: „Was machst du, wenn du im Training mal keine Motivation mehr hast?“
Matthias: „Jeder Leistungssportler kennt auch Tage, an denen die Motivation im Training fehlt. Ich versuche dann an das große Ziel der Zukunft zu denken, auf das man hinarbeitet. Die größte Überwindung an solchen Tagen ist, zum Training zu fahren und zu beginnen. Während des Warm-ups kommt dann der Spaß und die Motivation zurück.“
Sebastian: „Und in welcher Form denkst du dann daran? Ist das ein bewusster Gedanke? Oder hast du dazu Erinnerungshilfen im Alltag?“
Matthias: „Ich denke bewusst darüber nach und frage mich, wofür ich das am Ende mache, was das große Ziel ist.“
Sebastian: „Wie gehst du da mit dir um, wenn du im Training mal keine Motivation mehr hast?“
Matthias: „Ich habe gelernt mit fehlender Motivation umzugehen. Manchmal muss man einfach eine Trainingseinheit abhaken, um am nächsten Tag mit doppelter Motivation durchzustarten.“
Thema Persönlich:
Sebastian: „Was würdest du deinem 14-jährigen Ich für einen Tipp geben, den du damals hättest gebrauchen können?“
Matthias: „Sei nicht zu verbissen, sondern habe Spaß beim Training. Der Erfolg kommt dann von allein.“
Sebastian: „Wieso ist dir dieser Rat wichtig?“
Matthias: „Nur mit Spaß beim Training und Wettkampf kann man 100 % seiner Leistung bringen. Wenn das Training zur reinen Pflicht wird, pusht man sich nicht mehr immer weiter zu Höchstleistungen.“
Sebastian: „Wann war der Punkt als du dich für den Leistungssport bzw. für eine professionell Karriere entschieden hast?“
Matthias: „Ich habe schon immer für den Leistungssport gelebt, aber mit dem Eintritt in die Sportfördergruppe der Bundeswehr 2016 konnte ich mein Hobby zum Beruf machen.“
Sebastian: „Und was hat den Ausschlag für diese Entscheidung gegeben? Wie ist es dazu gekommen?“
Matthias: „Ich habe das Angebot von unserem Bundestrainer bekommen. In Deutschland kann man leider nicht allein vom Bobsport leben. Die Bundeswehr als Arbeitgeber sichert mich finanziell ab und ich kann mich voll und ganz auf den Sport konzentrieren, ohne einen zusätzlichen Nebenjob nachgehen zu müssen.“
Sebastian: „Was machst du morgens, um gut in einen Tag zu starten?“
Matthias: „Ich versuche immer mit einem guten, ausgewogenen Frühstück zu starten.“
Sebastian: „Und würdest du mit allen kulinarischen Feinschmeckern teilen, wie das aussieht?“
Matthias: „Meistens esse ich morgens ein Porridge mit Obst, Nüssen, etwas Proteinpulver und dazu natürlich noch Kaffee. Wenn es mal schnell gehen muss, dann werfe ich alle Zutaten in einen Mixer und mache mir daraus einen Shake. Den kann ich dann unterwegs trinken. Am Wochenende darf es aber auch mal ein normales Frühstück mit Brötchen und Eiern sein.“
Sebastian: „Welcher Spruch, Buch oder Mensch hat dich am meisten beeinflusst auf deinem Weg?“
Matthias: „Ich glaube, es gibt viele Menschen, die mich auf meinem Weg beeinflusst haben. Meine Familie, meine Freundin, alle Trainer*innen, Mediziner*innen und Betreuer*innen… Ich glaube jeder hat ein kleines oder großes Puzzleteil hinzugefügt.“
Sebastian: „Was machst du in deiner Freizeit, wenn du kein Training/ Wettkampf hast? Warum machst du das?
Matthias: „Meine Freizeit verbringe ich am liebsten mit meiner Freundin und meinen Freunden. Ins Restaurant oder Café gehen, Fußball gucken, spazieren gehen oder zu Hause die Beine hochlegen. Das hilft mir, den Kopf vom Training freizubekommen.“
Sebastian: „Wieso ist dies erholsam für dich?“
Matthias: In den Momenten denke ich meistens nicht über den Sport oder das Training nach. Die Gespräche handeln meistens von anderen Themen.“
Sebastian: „War das schon immer so?“
Matthias: „Ja. Auch wenn ich mit der Zeit gelernt habe, diese Dinge bewusster wahrzunehmen und zu schätzen.“
Thema Misserfolg:
Sebastian: „Wodurch verlierst du den Fokus im Wettkampf oder Training? Fehlversuch, Schiedsrichterentscheidung…?“
Matthias: „In der Vergangenheit habe ich manchmal durch andere Athleten, Zuschauer oder ähnliches ablenken lassen und habe den Fokus verloren. Mittlerweile habe ich Strategien, die mir helfen, mich wieder zu fokussieren. Ich mache mir dann Kopfhörer in die Ohren und höre Musik oder ich suche mir einen ruhigeren Ort, um dem Trubel aus dem Weg zu gehen.“
Sebastian: „Das sind wertvolle Einblicke. Wie findest du da denn den Fokus oder sind Musik und Alleinsein deine Hilfsmittel?“
Matthias: „Um in aufgeregten Situationen runterzukommen, schließe ich für einen Moment die Augen und konzentriere mich auf meine Atmung. Durch bewusstes Ein- und Ausatmen fahre ich etwas runter. Aber auch innere Selbstgespräche helfen mir, wenn ich den Fokus verloren habe.“
Sebastian: „Wie findest du nach einem Fehler oder Misserfolg wieder den Fokus?“
Matthias: „Ich versuche zuerst mir bewusst zu machen, woran es gelegen hat. Vielleicht waren es Umstände, die ich nicht beeinflussen konnte. Vielleicht habe aber auch ich Fehler gemacht. Ich analysiere die Situation und überlege mir, was ich beim nächsten Mal besser oder anders machen kann.“
Sebastian: „Was bedeutet für dich ein Fehler oder Rückschlag im Training oder Wettkampf? Gibt es Unterschiede zwischen Training und Wettkampf?“
Matthias: „Rückschläge oder Fehler gehören im Training und Wettkampf dazu. Im Wettkampf ist es ärgerlicher, weil man vielleicht schon länger darauf hingearbeitet hat. Im Trainingsalltag habe ich gelernt, dass Fehler und Rückschläge dazugehören. Ich sehe das Training als Prozess und versuche jeden Tag etwas besser zu werden. Der Prozess ist dabei leider nicht immer gradlinig. Ich versuche aber aus den Fehlern zu lernen und sie nicht zu wiederholen.“
Sebastian: „Hat sich diese Bedeutung verändert?“
Matthias: „Früher hat mich jeder Rückschlag im Training runtergezogen. Ich habe dann alles in Frage gestellt, auch die Dinge, die vielleicht gut liefen. Heute weiß ich, dass diese Rückschläge Teil des Prozesses sind. Anstatt mich zu ärgern, analysiere ich für mich, wie es dazugekommen ist und wie ich es in Zukunft vermeiden kann.“
Sebastian: „Toll! Danke für diese Sichtweise“
Thema nach dem Wettkampf:
Sebastian: „Was machst du direkt nach dem Wettkampf? Wie bereitest du einen Wettkampf nach?“
Matthias: „Nach dem Wettkampf ist vor dem Wettkampf ;-). Ich versuche dann so schnell wie möglich regenerative Maßnahmen einzuleiten. Dazu gehört für mich immer ein Shake mit den wichtigsten Nährstoffen, etwas Auslaufen oder ein kleiner Spaziergang, lockere Gymnastik, Physiotherapie und ausreichend Schlaf.“
Sebastian: „Wie lange denkst du noch an einen Wettkampf, nachdem er abgeschlossen ist?“
Matthias: „Je nachdem wie das Ergebnis war. Bei einem schlechten Ergebnis denke ich länger darüber nach und überlege, was ich beim nächsten Mal besser machen kann.“
Sebastian: „Wie gehst du mit einer Niederlage/ schlechten Wettkampf um? Gibt es etwas Systematisches?“ „Wie gehst du mit einem Sieg/ guten Wettkampf um? Gibt es hier etwas Systematisches?“
Matthias: „Ich überlege nach jedem Wettkampf, was gut und was schlecht lief. Die guten Punkte versuche ich für den nächsten Wettkampf mitzunehmen. Die schlechten Punkte versuche ich zu verbessern oder abzustellen. So verbessere ich stetig meine Wettkampfroutinen.“
Sebastian: „Gibt es dabei ein bestimmtes Vorgehen? Machst du das im Kopf oder schriftlich?“
Matthias: „Das mache ich nur im Kopf. Meistens kommen diese Gedanken, nachdem ich wieder zur Ruhe komme und etwas Zeit für mich habe.“
Thema Trainer*in:
Sebastian: „Was macht für dich eine*n gute*n Jugendtrainer*in aus?“
Matthias: „Für mich sollte ein guter Jugendtrainer neben dem Sport auch immer Spaß vermitteln.“
Sebastian: „Wie stellt ein* Trainer*in zu dir eine zielführende Beziehung her?“
Matthias: „Für mich sollte ein Trainer immer bereit zum Dialog sein und offen für neue Ideen des Athleten.“