Das Interview mit Björn Kircheisen – Nachwuchsbundestrainer Nordische Kombination mit beeindruckender Karriere

Bekomme einen Einblick in die persönlichen Werkzeuge von Björn

Name:

Name Björn Kircheisen – Nachwuchsbundestrainer Nordische Kombination mit beeindruckender Karriere

Den Vorstellungsbeitrag von Björn findest du unter folgendem Link

Alter: 40

Sportart: Nordische Kombination

Wichtiger Hinweis: Die Teilnahme des Gasts an der Sport-Runde lässt keine Rückschlüsse darüber zu, ob eine sportpsychologische Zusammenarbeit mit Sebastian Altfeld besteht. Es ist lediglich ein Zeichen dafür, dass der*die Sportler*in/Trainer*in die dankenswerte Bereitschaft zeigt, die eigenen Ansichten und Ansätze zu teilen. 

Thema Wettkampfvorbereitung:

Sebastian: „Wie bereitest du dich am Tag vor dem Wettkampf vor?“

Björn: „In der heißen Phase versuche ich als Trainer Ruhe ins System zu bringen, indem ich die Sportler bestärke, auf Vertrautes zu bauen, Gelerntes abzurufen und sich auf ihre Stärken zu besinnen. Dabei gehe ich auf jeden Athleten noch einmal individuell ein. Wichtig ist, dass er noch einmal Selbstvertrauen gewinnt.“

Sebastian: „Das besinnen darauf, das abzurufen, was man geübt hat, statt etwas Besonderes zu machen finde ich auch einen tollen Ansatz. Und wie steht es um dich? Wie bereitest du dich selbst vor? Und warum gehst du so vor?“

Björn: „Ich bereite mich für jeden Athleten individuell vor, mache mir über das Jahr Notizen und    gebe es dann direkt weiter, wenn der Tag x gekommen ist. So können eingeübte Bewegungsmuster und ritualisierte Abläufe aktiviert werden.“

Sebastian: „Was machst du die letzten Minuten, um dich auf den Wettkampf vorzubereiten? Was genau machst du bewusst oder unbewusst, um dich so richtig auf den Wettkampf einzustellen? Nutzt du bestimmte mentale Werkzeuge, Verhaltensweisen oder Vorgehen dazu?“

Björn: „Ich habe immer versucht Selbstgespräche zu führen und mich positiv zu bestärken. Des Weiteren habe ich immer denselben Ablauf (Einreden, es ist nur Training; damit habe ich mir den Druck genommen) genutzt. Bestimmte Rituale genutzt, die halfen, Nervosität abzubauen und mir Vertrauen zu geben. Gut gelungene Wettkämpfe habe ich gedanklich ablaufen lassen, um positive Gefühle und Stärke zu erzeugen.“

Sebastian: „Und was waren das für Rituale, wenn ich fragen darf? Machst du das als Trainer noch immer so oder machst du etwas anders?“

Björn: „Ich habe mir immer laut vorgesagt: „Sei locker, frei, entschlossen.“ Ich sprach mir ins Gewissen, dass es um nichts geht. Aber auch gleiche Abläufe bis zum Wettkampf oder auch immer die gleichen Kleidungsstücke (wie z. B. Strümpfe, Pulli).

Thema Motivation:

Sebastian: „Was sind deine Ziele als Trainer? Was motiviert dich, damit du die Mühen aufnimmst?“

Björn: „Für mich steht der Athlet an erster Stelle und ich versuche alles zu erledigen, dass die Rahmenbedingungen passen, damit der Sportler sich voll und ganz auf den Wettkampf konzentrieren kann. Mich motiviert zu sehen, wie sich junge Menschen entwickeln, im Wettkampf ihr Potential abrufen und gute Wettkampfergebnisse, Siege erreichen.“

Sebastian: „Wen würdest du gerne mal trainieren?

Björn: „Ich würde gerne mal Thomas Müller trainieren.“

Sebastian: „Das habe ich jetzt nicht erwartet, da er ja doch eher in einer ganz anderen Sportart unterwegs ist. Wieso das?“

Björn: „Thomas ist für mich ein Sportler, der es geschafft hat, bis ins hohe Leistungsalter immer seine Leistung abzurufen. Seine Motivation ist immer sehr hoch. Er versucht authentisch zu sein, bei dem was er tut.“                 

Sebastian: „Was machst du, wenn du vor einem Training mal keine Motivation hast?“

Björn: „Ich lasse mir niemals was anmerken. Ich denke im Leistungssport ist ein professionelles Auftreten und Herangehen wichtig und jedes Training sollte eine hohe Qualität aufweisen. Oft denke ich auch an die schönen Momente in meiner Karriere.“

Sebastian: „Wie gehst du da mit dir um?“

Björn: „Eigentlich recht entspannt und bin mit mir im Reinen.“

Sebastian: „Danke für den wertvollen Einblick. Darf ich fragen, wieso das für dich in Ordnung geht? Andere Trainer*innen gehen hier teils hart mit sich ins Gericht. Vielleicht können die hier noch etwas von dir lernen.“

Björn: „Für mich war der Leistungssport nicht alles. Das Wichtigste war für mich die Familie und das ich immer Vertrauen bekommen habe. Alles andere wollte ich wieder zurückgeben und auch als Vorbild für junge Athleten darstellen.“

Thema Persönlich:

Sebastian: „Was würdest du deinem 14-jährigen Ich für einen Tipp geben, den du damals hättest gebrauchen können?“

Björn: „Locker bleiben! Weniger ist mehr!“

Sebastian: „Darf ich fragen, was du damit meinst?“

Björn: „Viele Sportler wollen immer viel trainieren, was gut ist. Aber viel wichtiger ist die Qualität im Training und die Langfristigkeit. Der schnelle Erfolg ist meistens nicht von langer Dauer. Es sollte viel Geduld mitgebracht werden.

Sebastian: „Wann war der Punkt als du dich für den Leistungssport bzw. für eine professionelle Karriere entschieden hast? Was war der Auslöser bzw. Grund?“

Björn: „Bei mir war der eigene Antrieb schon immer da.“

Sebastian: „Und wie ist es zu der Entscheidung gekommen, dass du dann hauptberuflich Trainer wirst?“

Björn: „Ich wollte immer meine Erfahrung weitergeben. Mit positiven Eindrücken meinerseits Sportler formen, ihnen Wege zum Erfolg aufzeigen, aber auch auf die „Stolpersteine zum Erfolg“ hinweisen und daran arbeiten, mit Niederlagen umzugehen.“

Sebastian: „Was machst du morgens, um gut in einen Tag zu starten?“

Björn: „Eine Tasse Kaffee und mit meinen Kindern lachen.“

Sebastian: „Das ist wirklich schön. Welcher Spruch, Buch oder Mensch hat dich am meisten beeinflusst auf deinem Weg?“

Björn: „Der Weg ist das Ziel!“

Sebastian: „Darf ich fragen, wieso gerade dieser?“

Björn: „Ganz ehrlich, ich habe mich immer schon als Weltmeister gesehen (Inneres Bild) aber war teilweise noch nicht so weit.“                                                                                                                                                                                       

Sebastian: „Wie suchst du dir deinen Ausgleich zum Sport?“

Björn: „Ich versuche so oft als möglich mich auf mein Rennrad zu setzen.“

Sebastian: „War das immer so oder hat sich das im Laufe der Zeit verändert?“

Björn: „Da Ausdauer eine Sucht ist und ich diese liebe, war es für mich schon immer das Mittel der Wahl.“

Thema Fokus:

Sebastian: „Wodurch verlierst du den Fokus im Wettkampf oder Training? Fehlversuch eines Athlet*innen, Schiedsrichterentscheidung…?“

Björn: „Ich verliere den Fokus, wenn die Juryleistung nicht korrekt ist.“

Sebastian: „Das kann ich nachvollziehen. Wie findest du dann wieder den Fokus? Gibt es ein Werkzeug, ein Verhalten oder Vorgehen, dass du da nutzt?“

Björn: Wichtig ist, dass es um den Athleten geht und ich mich dann wieder auf das Wesentliche besinnen muss. Einfach Tunnelblick anwenden. Der Sportler erwartet von mir ein souveränes Auftreten und Handeln, daher muss ich mit der Juryleistung umgehen, damit ich es dem Sportler ebenso sachlich erklären kann.“

Sebastian: „Und wie schaffst du das, wenn du dich ärgerst?“

Björn: „Das war für mich immer wieder eine Challenge. Ich habe mir 10 min nach einem Misserfolg gegeben, da musste alles raus. (Meistens Anruf bei den Eltern.) Und dann Schalter umlegen und nach dem Motto: Morgen auf ein Neues!“

Thema nach dem Wettkampf:

Sebastian: „Was machst du direkt nach dem Wettkampf? Wie bereitest du einen Wettkampf nach?“

Björn: „Wichtig für mich als Athlet war, nach dem Wettkampf auslaufen und Kontakt mit meinen Eltern zu haben. Als Trainer versuche ich alles erstmal sacken zu lassen, Abstand zu den Athleten halten (Emotionen) und am Abend mit Gesprächen, kurzen Feedbacks gemeinsam mit Athleten den Tag auszuwerten und für mich alles aufzuarbeiten.“

Sebastian: „Kannst du mir näher beschreiben, was du mit ‚Abstand zu den Athleten halten‘ meinst? Wie sieht das aus und was willst du damit bezwecken?“

Björn: „Da das direkt nach dem Zieleinlauf (Emotionen) von Athlet zu Athlet unterschiedlich ist, versuche ich mir das aus der Ferne anzuschauen und wenn alle Gemüter sich beruhigt haben, kommen die Athleten meistens eh zu mir und wollen ein Feedback.„

Sebastian: „Wie lange denkst du noch an einen Wettkampf, nachdem er vorbei ist?“

Björn: „Wenn der Wettkampf schlecht lief, hat es mich sehr lange gedanklich beschäftigt. Manchmal bis zum nächsten Wettkampftag. Als Trainer sehe ich es ein wenig entspannter.“

Sebastian: „Wie kommt es, dass sich das verändert hat?“

Björn: „Ich bin jetzt nicht mehr für mich allein zuständig, sondern für eine Gruppe und da versuche ich mein Bestens zu geben und alles zu erledigen, um Erfolg zu haben. Alles andere habe ich dann nicht mehr in der eigenen Hand. Vertrauen in mein Training und in den Sportler.“

Sebastian: „Wie gehst du mit einer Niederlage/ schlechten Wettkampf um? Gibt es etwas Systematisches?“

Björn: „Als Athlet habe ich Kontakt zu meinen Eltern gesucht, um meine Emotionen mal rauszulassen, Gedanken und Gefühle zu äußern. Als Trainer spreche ich mit meinen Kollegen.“

Sebastian: „Gibt es dann etwas Systematisches, wie ihr darüber sprecht oder erstmal nur Luft raus? Gibt es einen systematischen Weg der Analyse?“

Björn: „Nein, jeder hat sich seinen Weg gesucht und ich brauchte eigentlich nur Bestärkung, aber eher von meiner Familie.“

Sebastian: „Wie gehst du mit einem Sieg/ guten Wettkampf um? Gibt es hier etwas Systematisches?“

Björn: „Ich freue mich, teile die positiven Gedanken mit Familie, Freunden und dem Team, aber direkt danach geht es weiter an die nächsten Aufgaben.“

Thema Leadership:

Sebastian: „Wie gehst du mit Fehlern von Athlet*innen um? Hat sich dieser Umgang bei dir über die Jahre verändert?“

Björn: „Ja, am Anfang habe ich die Athleten ein wenig überfordert. Jetzt bestärke ich sie in ihrem Tun und Handeln.“

Sebastian: „Wie hast du das gemerkt? Und wieso hast du das geändert?“

Björn: „Ich habe es gemerkt, indem ich als erfolgreicher Sportler die Leistungsdaten vorgegeben habe, aber sie es nicht geschafft haben, umzusetzen. Dann sind schnell zwei Welten aufeinandergeprallt. Dann musste ich Abstriche machen, obwohl ich nicht wollte…“

Sebastian: „Was ist das Erste, was du machst, wenn du eine Mannschaft/ einen Sportler übernimmst?“

Björn: „Ich versuche mir ein Bild zu machen. Als Zweites hole ich mir Informationen und als Drittes versuche ich meinen Weg bei ihm zu bestreiten.

Sebastian: „Worauf legst du besonderen Wert bei der Beziehung zu einer Mannschaft/ einem Sportler?“

Björn: „Wichtig für mich ist ein respektvoller, wertschätzender Umgang. Ebenso eine gewisse Distanz zwischen Sportler und Trainer, um objektiv bewerten, beurteilen und trainieren zu können.“

Sebastian: „Das kann ich mir manchmal schwierig vorstellen, die Balance zwischen Nähe und Distanz zu gestalten. Kannst du näher beschreiben, wie du das schaffst?“

Björn: „Ich versuche meine Arbeit am Athleten zu machen, aber sobald das Training vorbei ist, möchte ich eine gewisse Distanz (kein Kumpel-Typ).“

Sebastian: „Was ist denn der Hinweis, dass die Nähe zu groß ist?“

Björn: „Kein Respekt und blöde Sprüche.“

Sebastian: „Was tust du, damit dein*e Athlet*in 100 % gibt?“

Björn: „Ich kann ihn bestärken, mit ihm optimal trainieren, den notwendigen Rahmen bieten, motivieren, Ziele abstecken und als Vorbild agieren.“

Sebastian: „Wie bereitest du ein Feedback an einen Sportler im Training oder Wettkampf vor? Ist das spontan oder durchdacht? Wie gehst du vor?“

Björn: „Erstens: Emotionen sacken lassen. Zweitens: Ruhig bleiben. Und drittens: Wenn alles vorbei ist ein lockeres Gespräch in Einzelsituation.“

Sebastian: „Wie wichtig ist dir Feedback durch deine Sportler? Wie holst du es gegebenenfalls ein?“

Björn: „Feedback ist sehr wichtig, um notwendige Ableitungen für das Training zu treffen. Nach dem Training, in Trainingspausen, nach dem Wettkampf. Ich gehe gezielt auf den Sportler zu oder er spricht mich an. Mitunter bekomme ich es auf langen Reisen im Auto oder Flugzeug, wenn man viel Zeit miteinander verbringt.“

Sebastian: „Wie gehst du mit Kritik an dir um? War das schon immer so?“

Björn: „Ich versuche es anzunehmen, auch wenn es manchmal nicht ganz einfach ist. Wichtig für mich ist, dass die Kritik sachlich und objektiv, respektvoll angebracht wird.“

Sebastian: „Wie schaffst du es, sie anzunehmen?“

Björn: „Ich höre es mir an, verarbeite und versuche mir Zeit zu geben und nicht gleich Raum für Diskussion zu geben.“

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